Die Geschichte, die ich euch heute erzählen will, hat sich vor langer, langer Zeit auf einem fernen Planeten zugetragen.

Dort auf dem Planeten Biblion werden die Bücher als Quellen der Weisheit verehrt. Die Hüterinnen der Bücher genießen besonderes Ansehen.

Von Keks, die eine solche Bibliothekarin werden wollte, und ihren Freundinnen handelt diese Geschichte ...

 

 

 

 

I. Frankenland

 

Samstag, 10. August 1996

 

Es war lange her, daß Keks Moni und Anett gesehen hatte, die ihre Nasen in die Bücher von Bamberg steckten. Maria, die ein nonnenähnliches Dasein in Eich-stätt fristete, hatte Keks ja ab und zu im Begleitunterricht in der sündigen Groß-stadt München getroffen. Um so mehr freute sie sich auf das bevorstehende Wiedersehen.

Im schicken, weißen Gletscherexpress verschlang Keks - ganz Bibliothekarin - ein paar Buchstaben, bevor sie um 16.45 Uhr das Quartett der Hüterinnen der Weisheit komplettierte.

Moni - in ein neuerstandenes, langes, beschwingtes, wunderschönes, aber leider rotes Kleid gehüllt - verfrachtete die anderen ebenso bezaubernden weiblichen Wesen samt Gepäck in ein geheimnisvoll glänzendes, nachtschwarzes Gefährt. Eingehüllt in Sonne - eine seltene Erscheinung dieses Sommers - und gute Laune wurde schließlich die Residenz der Rümmeles in Dettelbach erreicht.

Im Gegensatz zu Monis Eltern, die wohlweislich den Bücherwürmern das Feld überlasen hatten, wagten Monis Bruder Chris, seine Frau Nevi und Sohn David die Gefahr des Zusammentreffens. Aus Monis Erzählungen schon wohlbekannt, eroberte David die Herzen der holden Weiblichkeiten im Sturm. Doch auch ihm gelang es nur kurzzeitig den Fluß der gesprochenen Worte einzudämmen. Den Kuchen und später den Spaghettis ereilte dasselbe Schicksal. Trotz ihres offenkundigen Wohlgeschmacks war der Hunger nach Neuigkeiten beherrschender als jede Ablenkung.

Pflichtbewußt wurden am Abend die Eltern in Kenntnis gesetzt, daß die lieben Töchterlein wohlbehalten und unversehrt angekommen seien und natürlich wie immer den Inbegriff an Tugend, Anstand und Höflichkeit darstellten. (Es gibt sicher Personen, die es wagen würden, diese Aussage anzuzweifeln, doch da ihre Meinung unwesentlich ist, wird sie aus dem Protokoll gestrichen !)

Wie schon erwähnt stärkte man sich abends mit Spaghetti und Wein auf der Rümmel’schen Terrasse. Monis anderer Bruder Martin zeigte sich entsetzt, daß Bibliothekarinnen so ausdauernd von Büchern und Bibliotheken erzählen kön-nen, und verzog sich deshalb schleunigst wieder.

Irgendwann überkam auch unsere Heldinnen die Müdigkeit, und die diversen Schlafstätten wurden aufgesucht: Moni vertrat ihre Eltern im Ehebett, Maria vertrat Moni in derem Zimmer, und Anett und Keks fanden sich im Bücherparadies unterm Dach wieder. Doch auch Paradiese haben so ihre Tücken wie beispielsweise knarrende Türen und gekippte Dachfenster, die bei Regen besser geschlossen sein sollten.

 

 

Sonntag, 11. August 1996

 

Da auch Bibliothekarinnen ihren Schönheitsschlaf brauchen - die Zeiten mit Dutt und grauem Kostüm sind vorbei !!! - gab es erst um 10.00 Uhr Frühstück. Das bewölkte Wetter trieb auch nicht gerade zur Eile, und so brach man zur Mittagsstunde gemütlich gen Bamberg auf. Dort präsentierten die zwei Zeit-Bam-

berger ihre Praktikumsheimat.

Außerdem traf man sich um 14.00 Uhr mit einem netten (fälschlicherweise von der männlichen Rasse überzeugten) Individuum, das hartnäckig jeden Fotoappa- rat als Mordwaffe betrachtete.

Nachdem Oliver mit einem Eis halbwegs besänftigt war, erwartete ihn schon das nächste Attentat: ein Stadtrundgang. Obwohl Oli abwechselnd verzweifelt protestierte oder drohte, die Mädels müßten ihn auf dem Rückweg tragen, wurde der Berg zum Dom erklommen. Hier war Oliver kaum vom Grabmal von König Heinrich und Gemahlin Kunigunde wegzukriegen, da er unbedingt den Erklärun-gen des Fremdenführers lauschen mußte. Olis Verrenkungen zwischen den Touristen hindurch auch einen Blick auf besagte Reliefs zu werfen, waren ab-solut sehenswert. Da konnte der Bamberger Reiter nur tadeln von seinem Roß schauen.

Die Hofhaltung, der Rosengarten, verschiedene Tore und Brücken wurden noch ein Opfer der Besichtigungswut, ehe man an Rückweg dachte. Da der Schnellig- keit wegen Hauptstraßen gewählt wurden, war der starke Mann sicher, an CO -

Vergiftung zu sterben und malte sein Ableben in den schauerlichsten Farben aus.

Oli überlebte und begeisterte die vier Mädels mit Familienfotos so sehr, daß eine Fahrt nach Lauter beschlossene Sache war. Er fuhr voraus, um die Bewohner von Lauter vorzuwarnen (v.a. Margit und Christopher) und um alte und kranke Leute vorsorglich zu evakuieren.

Die achtbeinige Naturkatastrophe war nach einem kurzen Abstecher zu Monis WG-Zimmer und zwei schnell korrigierten Irrwegen auf dem richtigen Weg über Käffer wie Hallstadt, Breitengüßbach, Appendorf ...

Nach dem ersten Beschnuppern fand man sich allgemein sympathisch. Nur Christopher zeigte sich von vierbeinigen Reittieren viel begeisterter als von zweibeinigen Gästen.

Sein Papa dagegen wollte unbedingt die geballte Weiblichkeit im Kartenspiel schlagen, was gründlich mißlang. Im Computerspiel "Götterhammer" erging es Oli nicht viel besser. Hatte er doch dummerweise jedem den Krieg erklärt, alle Ehre verloren, sein Geld verschenkt und seine Töchter verkauft - in einem Spiel-zug, an den er sich gar nicht erinnern konnte. Vielleicht hätte er doch keine Chips holen und beim Computer bleiben sollen ?

Margit sorgte dann dafür, daß alle mit Bratwurstsemmeln, Apfelsaft, Cappucchi-no, Kuchen und Sekt verköstigt wurden.

Um 21.00 Uhr mußten die vier Mädels leider aufbrechen, und Oli wurde ins Bett geschickt, was heftigen Protest auslöste: "Aber Margit, ich muß unbedingt noch Highlander anschauen !"

"Nicht wenn du nachmittags in der Badewanne einschläfst."

 

Solche Probleme hatten die vier Mädels nicht und so konnten sie getrost bis spät in die Nacht in Urlaubserinnerungen und Monis Fotos wühlen.

 

 

Montag, 12. August 1996

 

Frühstück diesmal schon um 9.00 Uhr, doch der regen verhinderte größere Aktivitäten. Deshalb wurde Dettelbach die gebührende Aufmerksamkeit zuteil, wobei Moni einen schier unerschöpflichen Vorrat an Namen, Daten und Anekdoten zu haben schien.

Wieder im Haus wurde sie von den anderen schmählich im Stich gelassen, denen die Bücher spannender als Essensvorbereitungen schienen. Nach einer energi- schen Abmahnung fanden sich dann doch drei bereitwillige Helferinnen.

Das Spaghetti-Gemüse und vor allem die Scones gelangen wunderbar. Trotzdem verbreitete sich am Nachmittag der Regenfrust. Er wurde durch einen Besuch in der Videothek beendet.

Mit einem hübschen, knackigen Keanu Reeves in "Gefährliche Brandung" und einem skurrilen "Mord mit kleinen Fehlern" wurde der Abend gerettet.

 

 

Dienstag, 13. August 1996

 

Heute blies das Quartett zum Angriff auf Würzburg, weshalb man sich schon um 9.00 Uhr vor der Residenz einfand. Leider konnte auch das wahnsinnig beein-druckende Gemälde von Tiepolo Keks allmonatliches Problem nicht lösen, und so durfte Moni sie zurück ins Bett verfrachten, bevor sie sich mit den zwei anderen an die Besichtigung von Würzburg machen konnte.

Abends traf man sich in Monis Lieblingskneipe mit Jane und Britta. Die Innendekoration, die nach Monis Angaben alle paar Monate wechselt, erfüllte alle Erwartungen, und es wurde sehr gemütlich.

 

 

Mittwoch, 14. August 1996

 

Vier kleine Mädelein

wollten in Raitenbuch reisen ein.

Eins vom Fieber befallen sei

und - schwups - waren’s nur noch drei.

 

Traurig aber wahr, Moni mußte die Bibliothekarsreise abbrechen, da sich eine fiebrige Erkältung anbahnte - kein Wunder bei diesem lausigen Sommer !!!

So kamen nur Maria, Anett und Keks um halb zwölf in Eichstätt an.

Marias Schwester durfte dem kleinen, weißen Sternchen zusteigen. Außerdem wurde es noch mit Tiefkühlpizza beladen, was die zulässige Gewichtsbelastung an die Obergrenze trieb.

 

 

Nach einer mittäglichen Stärkung wurden die Kalorien bei einem Rundgang um die Wülzburg abgebaut. Der Versuch von Keks die Hirsche im Burggraben aus besserer Perspektive zu fotografieren, endete im nassen Gras. Wie gut, daß die Bewohner des Internats Wülzburg auch gerade Ferien hatten.

Das malerische Städtchen Weißenburg wurde ebenfalls mit einem Besuch geehrt. Schon wieder hatte Keks fotografische Probleme, da ständig Autos die Sicht auf die tolle Stadtbücherei beeinträchtigten. Rathaus, Stadtmauer und die Andreas-kirche konnten jedoch ohne weitere Zwischenfälle besichtigt werden.

Bernd, ein Freund von Maria, durfte sich dann glücklich schätzen, die drei Grazien empfangen zu dürfen. Eigentlich wollte Maria nur Details wegen der Urlaubsplanung wissen, doch Bernd schaffte es alle bereits feststehenden Dinge zu hinterfragen, anzuzweifeln und schließlich zu verwerfen. Je mehr man ihm zuhörte, umso komplizierter wurde es, was Anett und Keks sehr amüsierte, Maria aber weniger, schließlich ging es um ihren Urlaub.

Der Abend wurde mit Schönheitskorrekturen (sprich: Haarewaschen) und Videos im Hause Bayer verlebt. Schon wieder Keanu Reeves in "Speed" und Til Schweiger als "bewegter Mann" durften die Gemüter erheitern. Zusätzlichen Genuß verschafften die Blätterteig-Schinken-Taschen von Marias Schwester.

 

 

 

Donnerstag, 15. August 1996

 

An Maria Himmelfahrt schlossen sich die drei Bibliothekarinnen den Dorfbewoh-nern an und taten etwas für ihr Seelenheil, indem sie die Messe besuchten. Anschließend wurde die Marien-Wallfahrtskirche noch gründlich inspiziert.

Um auch noch das Gewissen zu beruhigen, wurde der Briefkasten mit bekritzelten Postkarten gefüttert.

Die Heiligkeit nahm kein Ende, denn in Eichstätt wurde noch der Dom (sehr schön, wenn auch etwas zu hell für Keks Geschmack) und diverse andere Kir-chen besichtigt.

Am witzigsten war jedoch die Führung in der Residenz von Eichstätt. Der Führer, ein total fideler Opi, quatschte die Leute gern mal an und meinte bei einer Gemäldebeschreibung beim pikanten Thema Freund und in die Büsche zurück-ziehen, daß man so etwas nicht täte. Dieser Meinung waren drei junge Damen allerdings nicht, was den Opi sehr amüsierte. Keks stellte außerdem zu ihrem Entsetzen fest, daß einige der Residenzbesucher aus Augsburg stammten.

Deshalb flüchteten die drei Grazien auf die Willibaldsburg. Wieder ergaben sich fototechnische Probleme, da der von Elias Holl erbaute "Hortus Eystetteniensis" absolut keinen Schritt zur Seite treten wollte, um sich besser in den Hintergrund einzufügen.

Abends rückte dann Marias Clique an ,um die Urlaubsplanung auszudiskutie-ren. Unter den Kreuzworträtsel-lösenden, allem widersprechenden, chronisch-unschlüssigen, nur-Blödsinn-machenden Individuen kamen sich Keks und Anett etwas verloren vor. Wo war das nächste Bücherversteck ? Maria verzweifelte auch und wünschte sich weit weg - am besten im Urlaub !

 

 

 

 

 

Freitag, 16. August 1996

 

Maria durfte ihre Schwester zur Arbeit fahren, während die zwei anderen süß und selig schliefen. (So ist das Leben - hart und ungerecht !!!)

Vormittags wandelte man gemeinsam auf Römerspuren. Der Limes wurde gestürmt und erobert, ebenso ein halbverfallenes Kastell, genannt Burgus. Dann wurde es Anett zuviel und sie verließ die Römer Richtung Sachsen.

 

Drei kleine Mädelein,

eines fuhr nach Chemnitz heim.

Daraus folgt:

Zwei jetzt noch übrig sein !

 

Keks besichtigte noch die Römer-Thermen - die größten in Süddeutschland !!! - das Römerkastell Biriciana und das Römermuseum mit dem Römerschatz, den jemand einfach so im Garten gefunden hatte. Ein spannender und anstrengender Nachmittag, den Maria und Keks jedoch ohne bleibende Schäden überstanden (Sie sprechen jetzt weder lateinisch, noch ziehen sie gegen die Gallier, Kelten, Germanen usw. in den Krieg).

Abends ging’s dann als Kulturschock auf die Weißenburger Kirchweih und ins Café Mo, wo man Bernd und Silvia traf.

 

 

 

Samstag, 17. August 1996

 

Drei kleine Mädelein,

das eine fuhr nach Augsburg heim.

Jetzt waren alle wieder allein,

aber im März alle vereint in München sein !!!

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

II. Verona

 

 

 

 

Mittwoch, 30. April 1997

 

Ein verlängertes Wochenende stand vor der Tür, und die Reisetaschen von Moni, Maria, Anett und Keks waren trotzdem nicht mit schmutziger Wäsche für eine heimatliche Waschaktion gefüllt ? Ù Sehr seltsam !

Außerdem rutschten die Vier unruhig auf ihren Stühlen umher, als ob sich dort Ameisen befinden würden. Die Blicke auf die Uhr wurden dringlicher und verzweifelter, was Herrn Popst in keinster Weise in seinen RAK-WB-Ausschwei-fungen beeinträchtigte.

Endlich ! Das Zuklappen des regelwerks war der Startschuß zu einem Spurt Richtung Hauptbahnhof, wo der Zug nach Verona wartete.

Kaum hatten die Vier sich in ihre reservierten Plätze fallen lassen, fing es an zu regnen. Dies veranlaßte Maria am Wetter, am Regengott und überhaupt zu zweifeln, was ihr 20 Minus- bzw. Müllpunkte eintrug. Ansonsten beschäftigte sie sich ganz hausfraulich und häkelte. Anett bewunderte die Alpen, und Moni und Keks stritten sich um ein Knutschbuch, das Keks nur dann in die Finger bekam, wenn Moni schlief.

Dieser Schlaf wurde jedoch empfindlich von zwei hin- und herrasenden Kindern und einem unfreundlichen österreichischen Schaffner gestört. (O-Ton Moni: "Gott muß ein Mann sein, daß er so etwas zuläßt !")

Eigentlich schien in Italien dann versöhnlicherweise die Sonne, doch in Verona regnete es dazu. Moni kramte ihre angestaubten Italienischkenntnisse heraus und entlockte dem Fahrkartenschalterbeamten die weitere Reiseroute und die Busfahrkarten.

Vom Busfenster aus wurden vielversprechende Eindrücke von Verona eingesaugt. Dann erspähte Keks im Vorbeifahren das Hotel Italia, und die bedeu-tendsten Entdeckerinnen nach Kolumbus erstürmten ihre Unterkunft in der Via Mameli (benannt nach Giorgio Mameli 1827 - 1849). Die Zimmer übertrafen alle Erwartungen, und man erkundigte sich vorsichtshalber nochmals nach dem Preis Ù alles bestens !!!

Moni und Keks quartierten sich im Elternschlafzimmer mit. Fernseher und Kühlschrank ein und verfrachteten ihre "Kinder" ins kleinere Zimmer nebenan.

Nach einer Stunde auspacken, ausruhen und heimisch werden, trieben Hunger und Unternehmungslust die Vier um 21.00 Uhr Richtung Stadt.

Auf dem Piazza dei Signori stärkte man sich mit Pizza, Wein und Profiterol (Brandtweinteig + Cremefüllung + Schokosoße). Ferienstimmung machte sich breit: drei Tage lagen noch verheißungsvoll vor ihnen, und das Nachtflair von der Brücke war einfach wundervoll.

 

 

 

 

 

 

Donnerstag, 1. Mai 1997

 

Da alle Beteiligten ihren Wecker vergessen hatten (Es lebe das Unterbewußtsein!),

durfte Maria als einzige Frühaufsteherin diesen Job übernehmen. Sie war doch tatsächlich um halb sieben (in Zahlen: 6.30 Uhr) wach, hielt es aber den anderen zuliebe bis 8.00 Uhr im Bett aus. Die Wassertropfen, die sie dann auf sich herab-prasseln ließ, weckten die drei Langschläferinnen, und Maria erntete nur Undank und Unverständnis. Ù So ist das Leben, hart und ungerecht !!!

Das Hotelfrühstück wurde von allen in schönster Einigkeit für gut befunden, und man stärkte sich ausgiebig.

Bei strahlendem Sonnenschein und ungewohnt warmen Temperaturen wurde der Berg (welch Übertreibung !) hinter dem Hotel erklommen. Das war leichter gesagt als getan, denn irgendwie führten die Wege nicht dorthin bzw. ein abgeschlos-senes Tor verwehrte den Durchgang. An der Straße entlang erreichten die Vier doch noch die Wallfahrtskirche Santuario di Nostra Signora di Lourde.

Dort erwarteten sie einige Busse, denen lauter ältliche Herrschaften entstiegen, die teilweise auch noch deutsch sprachen.

Moni verdrehte die Augen: "Oh the church - isn’t it lovely ?"

"Beautiful", seufzten die anderen, und man flüchtete zu den Andenkenläden. Die ersten Postkarten wurden erstanden.

Leider entzog sich die Kirche einer Besichtigung, denn erstens fand ein Gottes-dienst statt - via Lautsprecher nach draußen übertragen - und zweitens wimmel-

te es von deutschen und englischen Wallfahrern, die noch nicht einmal per pedes gekommen waren. Ù ungeheuerlich

Für den Abstieg wurde eine andere Route gewählt, die an einer österreichischen Befestigungsanlage - heute ein Erziehungsheim - vorbeiführte.

Warmgelaufen, im wahrsten Sinne des Wortes, folgten die Vier der Besichti-gungstour des Merian-Führers - allerdings in umgekehrter Richtung.

Vor dem Dom mußte Moni unbedingt ein Foto auf dem Rücken des Greifs haben, und auch die anderen drei konnten nicht widerstehen. Ù Knips, knips.

Die Eintrittskarten wurden gleich für diverse Kirchen im Kombipack erstanden.

Ù Halleluja !

Im Dom selbst wurde restauriert, doch er fand trotzdem Bewunderung. Beson-

ders angenehm waren die Tafeln mit Erklärungen (deutsch, englisch, französisch, italienisch), die überall herumstanden.

Weiter ging’s zu Sant’ Anastasia, einer wunderschönen Kirche mit Dach und Obergeschoß aus Holz. Maria, Keks und Moni zündeten eifrig Kerzen an. (Schließlich soll ein Wunsch in Erfüllung gehen, wenn man in einer fremden Kirche eine Kerze anzündet !!)

Auf dem Piazza dei Signori erinnerte man sich an das Abendessen von gestern und suchte gleich nach einem geeigneten Lokal für später. Noch unentschlossen fütterten sich die Vier erstmal mit Eindrücken und Geschichtsdaten : Arche Scaligere (Skaliger-Gräber), Piazza dell’Erbe, Casa di Giuletta.

Auf den Balkon der berühmten Julia zu gelangen, erforderte viel guten Willen und Ellenbogeneinsatz. Am schlimmsten waren die männlichen Besucher, die den Busen einer Julia-Statue betatschten und dies auch noch auf einem Foto festhalten wollten Ù Männer !!! (Es waren leider auch Frauen dabei Ù Waaaaa !!!)

Moni schüttelte aus ihrem Fundus von Liebesgedichten eines aus dem Ärmel und verewigte sich in einem der herumliegenden Bücher. Die anderen setz-

ten geistreich ihren Namenszug darunter.

Nach diesen Anstrengungen gönnten sich die Vier eine Ruhepause mit Cappuc-chino auf der Via Leoni.

Die nächste Kirche wartete schon: San Fermo mit Krypta. Dort versuchte man vergeblich den Heiligen Antonius zuzuordnen - die Kutte deutet auf Franziskaner hin oder doch Benediktiner, Jakobiner ...

Im Vorbeilaufen entdeckte man die Kirche San Fillipine, die nicht im Plan einge-

zeichnet war. Sie war eigentlich ganz nett bis auf eine abgrundtief verkitschte Marienfigur mit Lichterkranz.

In der Tomba di Giuletta mußten sich die Vier durch den Pulk einer Schulklasse wühlen. Das Grab war ziemlich unspektakulär, allerdings entsetzlich verschmiert mit Touri-Sprüchen. Wen interessiert es schon, ob Charly, Michele, Klaus oder sonst wer hier waren ? In einer Nische lagen Liebesbriefe, die neugierig gelesen wurden.

Und dann kam der Höhepunkt der Sehenswürdigkeiten von Verona: die Arena.

Touristenschlangen vor der Kasse, doch drinnen verlief sich alles. Die vier Damen mußten natürlich hoch hinauf. Auf der obersten Stufe streckten sie erstmal alle Viere von sich und genossen die Aussicht.

Ein einsamer Italiener rückte auffällig näher, wurde jedoch nach einer Weile der Nichtbeachtung überdrüssig, und verschwand.

Schweren Herzens brachten die Vier ihre müden Knochen wieder in Bewegung, ließen sich aber schon am Piazza Bra vor der Arena wieder nieder, um dem Old-

timerrennen, das hier stattfinden sollte, beizuwohnen. Leider waren sie an ihrem Sitzplatz auf den Stufen des Parlaments von Italienern umzingelt. Die Kommen-

tare ließen nicht lange auf sich warten. Unschlüssig, ob Flirt oder Essen wichtiger waren, wechselte man ein paar Worte, entschied sich dann aber doch für Essen.

Zuvor mußte sich Moni aber noch umziehen Ù zum Hotel und wieder zurück in die Stadt, schließlich war man heute ja so wenig gelaufen !

Vino und Pizza erweckten wieder alle Lebensgeister. Stolz und zufrieden kehrten die Vier zurück ins Hotel: Verona war erobert - und das an einem Tag !!!

 

 

 

Freitag, 2. Mai 1997

 

Marias innerer Uhr gelang es auch heute, nicht zu verschlafen, und so saßen die vier Heldinnen um 9.45 Uhr am Frühstückstisch.

Bei strahlendem Sonnenschein wanderten sie am Etschufer entlang zur Kirche San Giorgio, die den Eintritt verweigerte. Das Castel San Pietro ließ Besucher wenigstens bis in den Innenhof kommen, wo man einen tollen Ausblick auf Verona genießen konnte.

Zum Teatro Romano war es nicht weit, trotzdem schien eine Pause angebracht. Mehrere Torbögen luden zum Verweilen ein, und die Vier drapierten sich so malerisch, daß ein Italiener sie gleich mehrmals fotografieren mußte.

Aus dem Theatermuseum wurden sie höflich hinauskomplimentiert, als ein schlüsselklappernder Aufseher sie zum Ausgang geleitete.

Vom Römerreich zur deutschen Klassik in etwa einer halben Stunde - da vergnügten sich die Vier nämlich im Giardino Giusti, wo schon Goethe gelust-

wandelt war. Moni und Keks spielten Fangen in einem hüfthohen Hecken-

labyrinth. Schließlich konnten die anderen sie einfangen und in eine ruhige Ecke verfrachten. Nach einem Picknick wurden eifrig Karten gekritzelt.

Schon etwas ermüdet widmete man sich der fraulichen Beschäftigung des Ein-

kaufens. Dabei entdeckte man in der Nähe der Arena einen McDonalds mit Goldlettern über dem Eingang, den Maria sofort fotografieren mußte.

 

Da die Vier ihr Abendessen heute am Etschufer genießen wollten, kamen schwie-

rige Proviantfragen auf sie zu: Welche Käsesorte ? Anett mag dieses nicht, Maria jenes nicht, Keks sowieso gar nichts, und Moni war mit ihren Empfehlungen am Ende. Trauben - ja oder nein ? ...

Zu guter Letzt saßen sie dann am Ufer des Adige mit Wein und Wasser, Brot, Mozarella und anderem Käse und Paprikaschoten. Selbige wurden mit Monis Taschenmesser zerteilt und unter seltsamen Verrenkungen gewaschen.

Maria mißbrauchte die Plastikwasserflasche ungewollt als Springbrunnen und erfrischte ihr Gesicht.

Anett und Keks breiteten Brot und Käse geschmackvoll auf Servietten auf dem sandigen Untergrund des Weges aus. Äußerst stilvoll griff man sich sodann die Brote und ließ Wein- und Wasserflasche kreisen. Toasts auf Verona, den Urlaub und die vier anwesenden, begnadeten Persönlichkeiten erklangen, während il Duomo freundlich Licht spendete.

Wieder im Hotel wurde eine Duschorgie gefeiert. Dabei entdeckten gewisse Leute, daß Sonnencreme zuweilen doch recht sinnvoll sein kann, und meldeten sich bei Keks, die mit einer solchen ausgestattet war. Ansonsten heilt gesunder Schlaf alle Wunden (z.B. Blasen an den Füßen).

 

 

Samstag, 3. Mai 1997

 

Ein Ausflug nach Vicenza war geplant, das hieß extra früh aufstehen, essen und los. Geduldig wartete man an der Bushaltestelle - leider der falschen - fuhr eine Station, lief die Hälfte des Weges wieder zurück, wartete nochmal 20 Min. und dann noch eine Stunde am Bahnhof, bevor im Bus nach Vicenza endlich der nötige Schlaf nachgeholt werden konnte.

In Vicenza fühlte man sich in den deutschen Touristenströmen gleich heimisch (Ù Würg !). Die Italiener dagegen demonstrierten Zusammengehörigkeitsgefühl, indem sie alle mit denselben, gräßlich bunten Rucksäcken einer Firma (keine Schleichwerbung, bitte !) herumliefen.

Das Teatro Olimpico war natürlich über Mittag geschlossen, weshalb Siesta auf dem Piazza Matteotti gehalten wurde. Dort sorgte ein Liebespärchen für Unterhaltung, das sich gegenseitig aufzufressen schien und gekonnt alle Zu-schauer ignorierte.

Im Teatro Olimpico kamen die Vier in den Genuß einer Führung - sogar auf deutsch - da man der Reisegruppe einfach nirgends entgehen konnte. Die Kulisse des Theaters, die einen verblüffenden Eindruck von räumlicher Tiefe vermittelt, war wirklich sehenswert. Auch die Deckenbemalung, ein Stück kitschiger Himmel, und die Statuen erfreuten das Auge.

Weiter ging die Besichtigung durch ein paar hübsche Gassen der Stadt. Der Säulengang an der Kirche war mit Früchten geschmückt, teils aus Plastik, teils verfault (was auf den Fotos hoffentlich niemand bemerkt ?).

Die Bibliothek blieb leider ebenso geschlossen wie der Turm. Deshalb konnte Anett nur ein Turmbild von unten schießen und mußte auf einen Rundumblick von oben verzichten.

Der Nachmittags-Cappucchino wurde im exklusiven Café auf dem Hauptplatz von Vicenza getrunken und Zucker als Andenken geklaut, pardon erstanden.

Frisch gestärkt stiefelten die Vier in verschiedene Geschäfte. Moni konnte sich vor lauter T-Shirts mit sinnigen Sprüchen kaum entscheiden, und Keks verliebte sich in Buchstabenstempel.

Nachdem Moni auch noch die schwerwiegende Frage geklärt hatte, ob sie für einen kunterbunten Papageien-Luftballon zu alt wäre ( war sie nicht, aber der Ballon zu teuer ), sagte man Vicenza ade.

Die Rückfahrt verlief zugiger und zügiger, denn "die Bahn kommt". Auf den Not-sitzen im Gang boten die Vier außerdem einen recht erfreulichen Anblick für mitreisende Italiener.

Das Abendessen (zum letzten Mal in Verona Ù Schluchz !!) bestand natürlich wieder aus Wein und Pizza. Der Lambrusco und ein absolut uriger Kellner sorgten für ausgelassene Stimmung. Auf dem Nachhauseweg genossen die Vier noch einmal nächtliches Verona pur, bevor es ans Reisetaschen packen ging.

 

 

Sonntag, 4. Mai 1997

 

Heute standen alle früh auf, festentschlossen jede Minute dieses letzten Tages zu genießen.

fertig gepackt, gefrühstückt, Zimmer bezahlt (wobei Moni freundlicherweise Keks sponserte) und auf zur Bushaltestelle, diesmal zur richtigen. Dort fragte eine Mutter mit ihrem Kleinkind nach dem weg und hielt Moni & Co glatt für Italiene-

rinnen Ù sehr schmeichelhaft !

Nachdem die Reisetaschen sicher am Bahnhof deponiert worden waren, konnte das Castel Vechio erobert werden. Im Castel waren Gemälde ausgestellt, mal heilig, mal barock, aber insgesamt einfach zu viele, um genügend Würdigung zu finden.

Der Reiter auf seinem Pferd (sollte es Rosinante sein ?) erntete mehr Begeisterung ebenso die Brücke mit den "umgedrehten Wäscheklammern" als Zinnen.

Nach einem Mittagsmahl unterm mehrfach fotografierten Triumphbogen wan-derten die Vier am Etschufer entlang zu zwei noch nicht besichtigten Kirchen: San Zeno und San Procolo.

In San Zeno war noch Gottesdienst, doch die kurze Wartezeit lohnte sich, vor allem der Kreuzgang war wirklich toll. Noch einmal wurden Kerzen angezündet und Heilige bestaunt.

Der Rückweg führte am Tiergarten vorbei, leider an der Straße entlang, da die Vier keinen Irrweg riskieren konnten.

Fast zu pünktlich erreichte man den Bahnhof. Der Zug nach Monaco war schon angekündigt. Daß Monaco für München steht, erklärte eine nervige Frau eigent-lich nur ihrer Tochter, dank ihrer Lautstärke aber allen Umstehenden.

Der Zug fuhr ein, und die Vier bezogen ihr Abteil ganz am Ende des Zuges. Schlafend, lesend, häkelnd vertrieb man sich die Zeit. Schon in Deutschland informierte das Zugpersonal nach stundenlanger Fahrt die "sehr geehrten Damen und Herren, Mesdames et Messieurs, Signora et Signori ..." über die Fahrtroute und den Standort des Speisewagens. Zu diesem Zeitpunkt interessierte es wohl niemanden mehr.

Viel dringender erschien Keks die Frage, ob der FC Bayern das Derby gegen 1860 gewonnen hatte. Der Blick in die Gesichter der Fans am Münchner Hauptbahn-hof brachte auch keine Klarheit. In der S-Bahn wurde das Geheimnis schließlich gelüftet: 3:3 Ù unentschieden.

Damit konnte Keks leben, und so kamen die vier Reisenden müde, aber glücklich im Wohnheim an (und wenn sie nicht gestorben sind, geht die Geschichte weiter )